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Chinablog

- Meine Reise nach China -

Montag, 05.07.2010

Die Klingel riss mich wieder aus dem Schlaf. Gott war ich müde. Wieder spürte ich kein bisschen Erholung in meinen Knochen. Beim Morgentraining waren die 8 Kinder wieder mit am Start. Wir liefen (die Ausländer) liefen den Berg hinauf und die Kinder durften mit unseren Shifu vor der Schule „trainieren“. Unser Shifu schickte uns zum Shaolin-Shifu, den wir bis zum Fuße des Berges folgen sollten, bevor wir anfingen zu laufen. Ich stellte meine Flasche Wasser auf einen Steinhaufen ab und lief was das Zeug hielt. Dabei überholte ich den Großteil der Mannschaft und kam keuchend am Gipfel an, verschnaufte kurz und joggte wieder hinunter. Unten wartete der Shaolin-Shifu, Sanda-Shifu und Tai Chi-Shifu auf uns. Als einer der ersten unten, wartete ich kurz auf den Rest unserer Truppe (Tobias und Christopher sowie die Schüler vom Shaolin-Shifu) und gingen wieder zum Platz vor der Schule. Dort hieß es erst einmal dehnen an der Tischtennisplatte. Dann Stellungen, etwas Powertraining auf dem dreckigen Boden und dann Shao-Form (Faustform). Zur Abwechslung trank mal keiner aus Christophs Flasche. Er hatte Sie auch zur Sicherheit mit sich genommen. Heute sind aber eh kaum noch Touristen in der Stadt. Beim Frühstück wurde es immer voller im Speisesaal. Würde sagen, bald ist die Schule voll. Vor dem Vormittagstraining machten wir noch ein Gruppenfoto für Tristian, der uns heute verlies. Wir schüttelten noch einmal die Hände und dann fuhr er wenig später mit einem Taxi wohl Richtung Flughafen. Anschließend hatten wir eine Stunde Training vor der Schule, da heute ja im Anschluss Buddhismus war. Also spielten einige Basketball bzw. Streetball (Basketball auf einen Korb), andere machten lieber Freies Training (wie ich) und wieder andere machten gar nix (die dicke Amerikanerin z.B.). Ich dehnte mich zunächst kalt an der Tischtennisplatte und zog dann mit Niko in einem gemäßigten Tempo ein paar Runden um die Häuser. Niko wollte nicht ins Schwitzen kommen, da er nur noch das eine Shirt hat, dass er nachher noch beim Buddhismus anlassen wollte/musste. Das kam mir ganz recht, denn ich wollte auch nicht nach jedem Training duschen und meine Klamotten wechseln müssen. Dann philosophierten wir noch über Kung Fu und Kampfkunst und dehnte mich im Anschluss erneut, nur diesmal intensiver. Dann war Ende und ich war froh nicht mit Basketball gespielt zu haben. Alle die mitgespielt hatten waren aufs übelste dreckig und schweißgetränkt. Problem wär nämlich gewesen, dass in den 20 Minuten Pause vor der Buddha Class (also vor dem Buddhismusunterricht) wieder das Wasser abgestellt war. Waschen wär also Fehlanzeige gewesen. In dem Moment bereute Christopher auch mitgespielt zu haben 😀

Beim Buddhismus stellten wir uns zunächst wieder in der Reihe der Ankunft auf dem Flur auf. Ich musste die unsympathische Amerikanerin (wirklich typisch amerikanisch)  von meiner Position verdrängen. Sie ist kaum 2 Tage hier und mault schon ständig rum wenn es zum Training geht. Der Unterricht ging heute schneller von statten, da es auch sehr voll war. D.h. konkret, dass man sich nur 1x statt 3x vor Buddha verbeugte. Ich hatte Glück und stand die ganze Zeit direkt vor der Klimaanlage. So war es recht angenehm. Heute bekam ich auch zum ersten Mal ein Räucherstäbchen in die Hand gedrückt. D.h. jetzt quasi, dass ich schon zu den Erfahreneren gehöre. Christopher ging einfach nicht hin. Tobias ebenso nicht, obwohl er von sich behauptet zum Teil Buddhistisch veranlagt zu sein. Naja egal. Nach dem Unterricht, gab es von Yuen noch eine Moralpredigt, dass unsere Zimmer ja meist aussehen wie sau und wir sie doch bitte sauber halten sollen. Auf dem Zimmer angekommen, nutzte ich die freie Zeit und besorgte endlich mal einen Staubsauger vom Hausmeister (Vater unseres Shifus). Christopher und ich saugten unser ganzes Zimmer blitzblank und auch das Bad wurde nicht verschont. Während wir saugten, kamen die ganzen anderen Ausländer in unser Zimmer und fragten ob Sie danach auch den Sauger haben können. Hatten wohl mehrere die Idee mal staubzusaugen. Aber ich war der erste der sich ernsthaft drum gekümmert hat. Das Zimmer wurde wirklich richtig sauber und ich würde jetzt auch wieder Sachen essen, die auf dem Boden gefallen sind. Vorher hätte ich tote Insekten, Insektenspray, Staub, abgeknipste Zehennägel, Schuhsohlendreck, usw. mitgegessen. Vor allem die toten Insekten waren ekelig. Heute erlegte ich auch wieder einen riesigen Tausendfüßler (ca. 5cm lang), fand aber seine Leiche nirgends auf den Boden. Beim Rausbringen des Mülls lief ich an den Fensterscheiben der Klassenzimmer vorbei und sah meinen Shifu vorne als Lehrer an der Tafel stehen, während er den ganzen kleinen Kindern irgendwas (vermutlich Chinesisch) beibrachte. Er grinste mich durch die Scheibe an und ich winkte ihn zu. In der Eingangshalle lief ich zudem Yuen über den Weg und nutzte die Gunst der Stunde und fragte ihn, ob er wisse wo und wie ich am besten ein Paket nach Deutschland schicken könnte. Er wies mich zu Roland, einen neuen Schweizer, der heute unbedingt zur Post müsste um eine Hochzeitseinladung zu verschicken. Er bot mir am mit zu fahren, was ich natürlich direkt annahm. Ich sollte nach dem Mittagessen in der Eingangshalle sein. Auf dem Zimmer packte ich also schnell vor dem Mittagessen meine Sachen in eine Tüte und suchte meine Postkarten zusammen. Dann war Mittagessen. Das Essen war heute recht gut. Nur der Reis war scheiße, denn er wurde nicht lang genug gekocht. Ich kaufte mir einen Snickers und holte mir anschließend aus dem Zimmer meine Teetasse, um heißes Wasser für eine Suppe zu besorgen. Das heiße Wasser aus dem Boiler war nur leider nicht heiß und auch nicht warm. Es war warm so, als hätte es lediglich eine Weile in der Sonne gestanden. Trotzdem machte ich mir eine Tütensuppe fertig und war erschrocken, dass Tomatensuppe gelb statt rot war. Das Wasser war zu kalt und das Pulver aus der Tüte sank ständig zu Boden und löste sich nicht richtig auf. Trotzdem aß ich die Suppe auf und ging mit meiner Tüte in die Eingangshalle. Yuen sah die große Tüte und fragte ob ich das alles verschicken wolle. Ich bejahte und er meinte ich solle Ihn lieber mal nachgucken lassen. Also inspizierte er alle meine Sachen und war sich bei den Schüssel nicht sicher, ob Sie nicht kaputt gehen würden. Ich fragte Ihn auch, was ich denn da für eine Flasche von Patrik (alter Zimmernachbar) hatte, die er vor einiger Zeit da ließ. Es war nicht wie angenommen chinesisches Bier, sondern ein chinesisches Wunderzeug, welches man u.a. zum Wäsche waschen (entfernt sogar Harzflecken), zum Behandeln von Verletzungen oder es als Massageöl verwenden kann. Interessant. Ich holte Roland aus seinen Zimmer, der gerade am Staubsaugen war und wir fuhren mit dem Shaolin-Shifu im Taxi Richtung Post Office.  Nach gut 20 Minuten kamen wir in einer Stadt ohne Namen an, gingen ins Post Office und erfuhren, dass der Schalter geschlossen hatte. Super. Yuen hatte vorher extra angerufen und sich erkundigt. Also warteten wir ne halbe Stunde und fuhren dann anschließend weiter zu einem andern Post Office. Dort gab es auch nix und wir gingen weiter zum nahgelegenen  Kurierservice EMS. Ein Chinese schloss uns die Tür auf und bald kam eine Chinesin herein, die mit gebrochenem Englisch versuchte zu erfahren was wir wollten. Mit viel Hilfe vom Übersetzungsprogramm vom Shaolin-Shifus Handy, meinem Wörterbuch sowie  Händen und Füßen habe ich es irgendwie geschafft zu vermitteln, dass ich ein Paket und meine Postkarten los werden wollte, die Postkarten aber nicht mit ins Paket sollten. Das müssen die Chinesen erst mal begreifen. Nach und nach kamen immer mehr Chinesen dazu. 2 von Ihnen fingen einfach an sich zu Prügeln. Seltsames Volk. Ständig musste man auf irgendein unnötigen Mist warten und nach einer halben Stunde durften wir dann Platz nehmen und noch mal eine halbe Stunde warten. Dann fragten Sie noch mal nach was wir wollten und wieder erklärten wir Ihnen, dass ich ein Paket sowie Postkarten los werden wollte und die anderen beiden Schweizer einen Eilbrief losschicken wollten. Hinterher waren 10 Chinesen anwesend, die sich alle um uns kümmerten. Dann sollten wir ein Formular ausfüllen in den wir die Empfängeradresse und 30 Minuten später die Absenderadresse eintragen sollten. Ständig verschrieb sich irgendwer und so dauerte Akt ewig lang. Ständig wurde gekichert und getuschelt und teilweise brachen laute Diskussionen zwischen den Postleuten aus. Unser Shifu war schon genervt und wollte wohl einfach zur Schule zurück, da das Training auch bald anfing. Die wollten tatsächlich 20 EURO für eine Postkarte von mir. Ich lehne leicht erbost ab und meinte, dass ich damit zu China Post gehen würde. Dann kam mein Paket dran. Alles war bereits ausgefüllt und nun durfte ich noch jedes einzelne Teil mit Menge und geschätztem Wert in eine Liste eintragen. Dann wurde alles in eine Pappkiste gepackt und gewogen. Nach 10 Minuten sagte man mir den Preis für das 4,3 schwere Paket: 962 Yuan. Umgerechnet gut 100 Euro. Dafür sollte es schnell da sein (innerhalb von 2-3 Tagen). Doch das war mir zu viel und ich fragte nach einer billigeren Variante. Nach endlosem Getuschel und Überwindung der (heftigen) Sprachbarriere machte man mir ein Angebot für „nur“ 560 Yuan. Lieferzeit würde 5-7 Tage betragen. Der Preis war zwar immer noch sehr hoch, doch ich willigte ein. Wieder vergingen die Minuten und dann meinte man zu mir dass es nicht gehen würde und ich das schnellere aber auch teurere Verfahren nehmen müsste. Ich fragte warum und bekam keine klare Antwort sondern nur Getuschel und grinsen zu Gesicht. Dann meinte man doch tatsächlich zu mir, dass es halt so ist, weil das China ist. Böse fragte ich ob Sie mich veraschen und abzocken wollten und bestand dabei auf das Verfahren für 560 Yuan. Man versuchte sich rauszureden das es nicht ginge weil das Gesetz es nicht zu ließe. Bla bla. Ich lehnte ab, nahm meine Sachen aus der Kiste und wir gingen raus. Alle entschuldigten sich noch und eine rannte uns sogar hinterher und besprach etwas mit dem Shifu aber dann nahmen wir ein Taxi und fuhren zur Schule zurück. Man setzte uns direkt vor der Trainingshalle ab. Ich mit meiner Freizeitkleidung und Schlappen und dazu mit meiner großen Tüte ging hinein und mein Shifu rief mir zu, ich solle aufs Zimmer gehen und dann wiederkommen (sollte mich wohl umziehen und so)… „Fast“ natürlich. Ich ging also gemächlich zurück, zog mich in Ruhe um, aß eine Kleinigkeit und ging wieder zur Halle. Dort meinte Tobias nur zu mir, dass es tierisch heiß ist. Aber das wusste ich schon so. Ich stretchte mich und wunderte mich über die vielen kleinen Kinder. Die hatten sich wohl inzwischen verdoppelt, denn ich zählte 15 (!!!). Unglaublich. Was ein Kindergarten. Und alle in unserer Gruppe. Tobias erzählte mir, dass er bereits mit Yan Lin drüber gesprochen hatte und er meinte, wir könnten die Gruppe wechseln wen wir wollten. Aber wir beide wollten das nicht, da unser Shifu cool ist. Dann erzählte mir Christopher mit einen blöden Grinsen, dass er 40 Minuten auf dem Pott saß und deswegen viel zu spät zum Training kam. Er meinte, dass er zum Klingeln auf die Toilette ging während ich noch im Post Office war und es dann gar nicht mehr aufhörte. Erst schickte unser Shifu Tobias um ihn zu holen und er öffnete Ihn mit runtergelassener Hose die Tür aus dem Bad heraus. 5 Minuten später kam dann unser Shifu persönlich vorbei und kloppte. Wieder öffnete er die Tür in gleicher Weise und unser Shifu meinte nur „Finish fast“ und war dabei wohl etwas sauer 😀

Jedenfalls kam er 20 Minuten später runter vom Pott und ging alleine zur Halle. Später meinte er noch zu mir, dass es brannte wie sau und unser Shifu wohl seinen Arsch im Spiegel gesehen haben könnte. Ich lag am Boden vor Lachen. Mein Shifu wusste übrigens Bescheid, wo ich steckte und bekam deswegen auch keinen Ärger. Jedenfalls war dann direkt Pause und Tobias hatte in der Stunde zuvor den Head Flip gelernt (halbwegs). Nicht schlecht. Voller Energie wie ich noch war und willig etwas zu tun, probierte ich erfolgreich den Wuhsu-Kip Up ohne Hände (mit geraden Beinen) und landete Ihn erfolgreich. Dann probierte ich den Head Flip aus und er klappte ebenfalls noch. Dann versuchte ich mich an was Neuem: Mich aus einer Rückwärtsrolle in den Handstand zu drücken. Es klappte direkt beim 2. Versuch und ich war überglücklich und zeigte es ganz stolz meinen Shifu, der sich ebenfalls freute. Dann sollte ich die Windmühle (auch eine Aufsteh-Variante, bei der man mit den Beinen wie eine Windmühle rumwirbelt) versuchen. Nach einigen Versuchen schaffte ich es endlich und konnte mein Glück kaum fassen. So schnell hab ich echt selten Fortschritte gemacht. Dann nach der Pause liefen wir uns wieder warm, dehnte uns und kamen zum Powertraining. Liegestützen, Bankdrücken, Kniebeugen mit Langhantel und Shifu auf den Schultern, Sit-Ups, etc. Das hat mich so viel Kraft gekostet, dass ich nachher gar nicht mehr in der lange war meine Form zu laufen. Ich war zwar nicht erschöpft wie sonst, sondern einfach nur Kraftlos im ganzen Körper. Ein Zeichen dafür, dass mein Körper gefordert wurde. Ich sah noch ein wenig beim Sanda zu, die heute das erste Mal Sparring machten. Der Tai Chi-Shifu wollte dann auch mitmischen und kämpfte gegen Uli, der Hoffnungslos unterlag. Der Tai Chi-Shifu ist wirklich verdammt schnell. Er wich jedem Tritt aus und kam in einen Moment der Unachtsamkeit so schnell auf Uli zu, packte Ihn und warf Ihn mit einem Sanda-Wurf zu Boden wie ein Sack Kartoffeln. Danach wollte sich keiner mehr mit ihm anlegen. Das ganze lief natürlich locker ab. Der Kindergarten hatte während der ganzen Zeit Training bei unseren Shifu, während unser Shifu ab und zu guckte und uns neue Herausforderungen hab. Wenn das so bleibt, ist der Kindergarten halb so wild. Aber die neuen Kinder sind noch frecher als die davor. Einer hat Christophers Flasche mit Absicht weggetreten und mich mit einem Korken beworfen. Das Training war dann zu Ende und wir gingen wieder hoch, ich nahm eine Dusche und lachte mich einfach nur über die Toilettengeschichte von Christopher schlapp (ich lag mehrmals wieder auf dem Boden vor Lachen. Gut das er jetzt zumindest sauber war).Dann ging es zum Essen. Es gab Teigtaschen mit Bohnenfüllung. Ich kaufte mir einen Snikers und einen Eistee dazu und dann später noch einen neuen Wasserboiler. Unser war nämlich wieder leer. Geht echt verdammt schnell. Dann erfuhren wir beim Meeting vor dem Training, dass das Abendtraining heute Abend wieder ausfiel. Mit breitem Grinsen verließen wir den Platz und gingen wieder auf unsere Zimmer. Zu geil. Ach ja: Es gibt wieder einen neuen hier: Niels aus Holland. Er macht daheim Kickboxen und will für 3 Monate bleiben. Auf dem Zimmer verfasste ich endlich meinen kompletten Tagesbericht an einem Stück und war froh fertig zu sein. Denn heute ist viel passiert, weswegen der Bericht mal wieder etwas länger wurde. Morgen geht’s wieder zu Mäcces, ins Internetcafé und noch mal zur Post. Dann aber zur richtigen Post und nicht zum überteuertem Kurier. Auch der Supermarkt darf natürlich nicht fehlen. Vielleicht kauf ich mir endlich einen USB-Stick.


Info:
Montag, 05.07.2010
Erstellt:
5. Juli 2010
Kategorien:
China
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