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Chinablog

- Meine Reise nach China -

Samstag, 14.08.2010

Die Nacht war grausam. Kurz vor dem Schlafen gehen, entdeckte ich wieder ein ekeliges und großes Insekt im Bad, das es zu töten galt. Das der Strom schon die ganze Zeit weg war, machte es uns nicht leicht. Mit einer fast leeren Taschenlampe bewaffnet jagte ich das Tier. Als Christopher mir dabei Unterstützung gab indem er mir leuchtete, fanden wir das das Kriechtier direkt neben uns am Türrahmen hocken. Christopher schrie nur noch auf und rannte voller Panik Richtung Bett, sprang hinein und strampelte mit den Beinen wie ein Baby, während er sich unter der Decke versteckte. Unser Shifu, der zu der Zeit noch auf den Gängen herum lief, hörte wohl den Schrei und klopfte bei uns an die Tür. Wir zeigten ihn das Getier im Bad und drückten ihn dazu die Fliegenklatsche in die Hand. Seine Neugier erlosch, als er das Tier entdeckte. Ein einfaches „Ahha“ und zack; es flüchtete über den Boden zur Zimmertür. Ich konnte es jedoch noch mit einem Stampfer erwischen und erledigte das ekelige Geschöpf somit. Dann wünschte unser Shifu uns noch eine gute Nacht und wir legten uns hin, da man in der Dunkelheit und ohne Wasser oder geschweige denn der Klimaanlage eh nichts machen konnte. Es war trotz des frischen Regens viel zu warm um zu schlafen. Zudem kamen dann die Mücken dazu, die uns bei Laune hielten. Ich weiß nur, dass ich mitten in der Nacht mehrmals aufgewacht bin und es überall juckte. Gegen 5:40 Uhr wachte ich jedoch endlich aus diesem Alptraum auf und ich vernahm die Trillerpfeife, die normal zur Erdbebenwarnung genutzt wird. Da es aber keinen Strom gab, funktionierte auch die Schulglocke nicht. Welch Schande. Ohne überhaupt richtig geschlafen zu haben zogen wir uns an und gingen runter zum Meeting. Auf dem Flur sah ich noch, wie Yuen-Shifu aus dem Zimmer eilte. Er hatte offensichtlich ebenfalls nicht gut geschlafen, denn normal müsste er schon längst beim Shifu-Meeting sein. Wir stellten uns auf und gingen anschließend zu unserer gewohnten Trainingsposition und begannen uns dann zu lockern. Währen unser Shifu sich mit den Kindern beschäftigte, durften wir laufen. Christopher hatte kein Bock und machte sich daraus einen Spaziergang. Er war sauer, weil er nicht richtig schlafen konnte. Max wollte zunächst eine Runde gehen und dann laufen. Ich lief meine 5 Runden also alleine durch und stretchte mich dann kurz an den Platten. Max blieb anschließend dabei während Christopher und ich die Stellungen durchgingen. Dann folgte Grundschule (Faust, Handfläche, usw.) und im Anschluss die geliebte Form. Während wir dann frei mit unseren Stick übten konnte, hatte unser Shifu damit zu tun, den Kindern den letzten Schliff bei der Stockform beizubringen. Dann war Trainingsende. Auf dem Zimmer gab es wie erwartet immer noch kein Strom. Aber das schlimmste war: auch kein Wasser. Das pisste mich echt an, denn ich hätte mich gerne geduscht oder zumindest die dreckigen Hände gewaschen. Stattdessen hockte ich auf dem Stuhl und wartete vergeblich auf Wasser. Ungewaschen ging ich dann wie der Rest zum Frühstück. Da es keinen Strom gab, konnten Sie scheinbar auch nicht die Brötchen auftauen und es gab stattdessen (vermutlich mit Gas) gekochte Nudeln. Eigentlich kein schlechtes Essen, aber zum Frühstück echt unpassend. Ich wollte gefälligst meine verdammten Brötchen!!! Nach dem Frühstück und somit kurz vor dem Training ging zunächst der Strom wieder an. Sogar die Klimaanlage wurde eingeschaltet (unnormal). Natürlich direkt erst mal eingeschaltet. Dazu noch unsere Computer ans Kabel geklemmt und aufgeladen. Dann kam etwas später auch Wasser dazu und ich konnte sogar meine Schüssel und meine Stäbchen abspülen. Welch ein Luxus… nein ehrlich, es wurde echt Zeit. Ich habe nämlich von Niko erfahren, dass es im Februar / März 3 Tage lang kein Strom und kein Wasser gab. Das ist ja mal echt nicht witzig. Wir gingen dann zum Training in die Halle runter. Der Regen, hatte die Halle förmlich geflutet und der ganze Boden war nass. Unter den Matten stand das dreckige Schlammwasser und quoll hervor, wenn man drauf trat. Die Teppiche wurden gestern glücklicherweise noch zusammengerollt. Wir taten was getan werden musste und nahmen den ganzen Teppich von den Matten und bauten dazu noch das gesamte Matten-Geflecht auseinander um es zu trocknen. Unter den Matten fanden sich tatsächlich große, dreckige Pfützen die mit dem Besen (chinesischer Bauart; also Bambusstil mit irgendwelchen dünnen Ästchen dran) weggekehrt wurden. Unser Shifu meinte dann, dass es wohl kein Training geben wird und wir hatten stattdessen „Free Practise“. Ich schwang die ganze Zeit meinen Gun und übte die Basics. Max zeigte mir noch einen simplen Trick, den ich ein wenig üben konnte. Das nächste Mal als wir unseren Shifu sahen (wir übten vor der Halle), kam er mit ALLEN Ferienkindern (also die Chinesenkinder) von der Schule. Alle waren Sie mit Waschschüsseln bewaffnet und ich ahnte was anstand. Die Matten und der Hallenboden sollte gesäubert werden. Die Kinder gingen mit unserem Shifu und ein paar anderen Shifus unter die Brücke und holten Wasser. Einige nahmen direkt ein paar Matten mit um Sie dort abzuwaschen. Unsere Gruppe hatte freies Training (Befehl unseres Shifus). Einige aus der ach so fleißigen Gruppe von Yuen meinte darauf, dass wir faul wären und nicht helfen würden. Ich sagte dazu nur so viel: Wer hat denn die letzten 3x Unkraut jährten dürfen? Unsere Gruppe. Und wo war die Gruppe von Yuen? Unter der Brücke, am Pause machen. Es ist nur mehr als fair, dass Sie jetzt mal an der Reihe sind. Vor allem der Hippie-Australier Pip moserte rum. Ist schon blöd, wenn man sich nicht immer drücken kann, ne? In Gegensatz zu Yuens Team hatten wir zudem Training und nicht Pause. Nach ein paar Stunden war das Geschehen vorbei und wir gingen wieder zurück. Wieder kein Wasser… aber nach 30 Minuten warten wurde es dann doch wieder angestellt. Ich konnte endlich duschen und dann ging es zum Essen. Mit einer größeren Schale bewaffnet machte ich mich an den Reis. In meiner normalen passt nämlich nicht viel rein und es ist auch schwieriger draus zu essen ohne alles daneben zu werfen. Nach dem Essen schauten Christopher und ich noch Kung Fu Panda von gestern zu Ende. Ich zog schlafen dem Bericht schreiben vor und holte es aber nach einer guten Stunde Schlaf nach. Während wir den Film guckten klopften übrigens wieder die Kinder an der Tür und riefen dazu unsere Namen. Diesmal unermüdlich und laut. Dennoch machten wir nicht auf, da wir sie sonst bis zum Training nicht mehr los bekommen hätten. Meine aufgeschlitzte Hand sieht im Moment schlimmer aus als es wahrscheinlich ist. Nach einem Schläfchen klopfte es noch einmal an der Tür. Da es eh nur noch 20 Minuten bis zum Training waren und wir beide bereits geschlafen hatten, machten wir auf. Sofort kam ein kleiner Chinese (ca. 5 Jahre) hinein, schaute sich um und entdeckte das Cover von Kung Fu Panda, dass er ganz gebannt anstarrte und irgendwas in Chinesisch sagte, was wir nicht verstanden. Als ich nach der offenen Tür schaute, sah ich einen noch kleineren Chinesen (3 bis 4 Jahre alt). Die kleinste Kleidergröße der Trainingskleidung war ihm zu groß und hing nur so an ihn herab. Der andere kleine Junge zog ihn hinein, da er zu schüchtern war im das Zimmer von selbst zu betreten. Die beiden standen da und schauten sich zu zweit das Cover an. Als ich Fotos machte, bekam die Kamera das gesamte Interesse. Ich erlaubte ihn ein paar Fotos zu machen und dann klingelte es zum Meeting. Sofort stürmten die beiden aus dem Zimmer und wir folgten ein paar Minuten später, nachdem wir uns umgezogen hatten. Gemeinsam gingen wir zur Trainingshalle. Wir warteten vor der Halle und hatten dann sozusagen wieder „Free Practise“, denn die Halle wurde von den Shifus und vor allem den Kindern wieder hergerichtet (also Matten aufbauen, Teppich drüber und sowas). Nach einer guten Stunde und vielen Stockschwingen und rumalbern mit Christopher, Max und ein paar der Kindern (Stockwerfen z.B.) ging es dann los. Alle fanden sich in der Halle ein und setzten sich hin. Eine Generalprobe der Performance stand an. Es wurden Tische aufgebaut, Lautsprechersysteme und allerhand mehr. Es ging zunächst damit los, dass einige etwas auf Chinesisch / Englisch vorlasen. Dann folgte die Schulaufführung der ganz Kleinen (sehr süß) und gefolgt von den ersten Gruppen (Yuen), die Formen aufführten. Nach der Tai Chi-Gruppe (bestehend nur noch aus Harry), die eine Form aufführte, ging unsere Gruppe mit unseren Shifu vor die Tür und wärmten uns 1 Minute auf, während die Fortgeschrittenen Kinder (unter anderem Jin Da Bao) eine Form vorführten. Das Aufwärmen bestand aus dem rausgehen aus der Halle. Dann war es nämlich schon so weit und wir stellten uns auf. Unerwartet begannen wir mit Fauststößen und Handflächenschlägen, die ebenso unerwartet gut klappten (verdammt schnell). Dann liefen wir mit den Kindern die Shao-Form durch. Dann waren die Kinder mit ihrer Stockform dran. Anschließend wir Drei mit unserer Stockform. Bis auf die Tatsache, dass ich etwas hinterher hing, da ich den Startschuss verpasst habe, lief alles super. Christopher meinte am Ende jedoch, dass er total versagt hat und sogar den Stock verloren hat. Er klang sichtlich unzufrieden und hatte schon die Befürchtung, dass unser Shifu ihn nicht mehr ins Gesicht schauen kann nach dieser Schmach. Aber alles halb so wild 😉 Nachdem die anderen Kindergruppen ihre Formen gezeigt hatten, ging es richtig zur Sache. Die Shifus zeigten was sie drauf hatten und das war einiges. Eine solche Show hatte ich noch nie zuvor gesehen. Diesmal zogen Sie all ihre Techniken und Akrobatik durch, was wunderbar anzuschauen war. Der Deutschland-Trikot-Shifu ging auch Mega ab. Hätte ich nicht gedacht, dass er doch so akrobatisch ist. Auch die anderen Shifus waren super. Ich erfuhr von Soltan, einen Engländer mit Iranischen / irakischen Wurzeln, dass er sich beim Sanda (Rolle machen) die Schulter, den Arm oder das Schlüsselbein gebrochen hat und er im Krankenhaus war deswegen. Im Krankenhaus von Fangshouan, wo er zunächst war, sagten Sie ihm, das es tatsächlich gebrochen ist, er aber seinen Arm ohne Probleme weiterbenutzen kann. Im zweiten Krankenhaus in Jiaozou, sagten Sie aber, dass er auf keinen Fall seinen Arm benutzen soll. Ich glaube Vorschlag Nummer 2 ist deutlich gesünder. Soltan nahm es aber mit Humor. Ein ganz netter Kerl. Er sagte auch, dass er sich freut unsere Formen morgen zu sehen. Naaaja, so toll sind Sie ja auch nicht. Jedenfalls war danach die Show zu Ende und wir brachen wieder zur Schule auf, grüßten ab und dann ging es nach einer Dusche zum Essen. Wieder gab es Nudeln. Diesmal fand ich es nicht so schlimm. Anschließend gab es sogar im Anschluss Brötchen. Da bleibt man doch gerne länger. Als ich mir eine Cola kaufen wollte, kam ich mit der Freundin des Second-Headmasters ins „Gespräch“ (Sie kassiert das Geld wenn man was kauft). Sie heißt Fiona und es gibt im Moment keine Räucherstäbchen gegen die lästigen Mücken mehr. Dafür aber später. Aber nicht morgen. Also entweder heute Abend oder ab Übermorgen. Das war mir dann doch nicht ganz klar. War aber schon lustig. Dann war Abendtraining. Unser Shifu war diesmal nicht da (warum auch immer) und wir gingen mit Yuen und seiner Gruppe los und fingen an zu laufen. Heute schenkte ich mir das Laufen mal, da ich ja morgen Frisch für die Performance sein muss. Stattdessen machten Christopher, Harry und ich einen Spaziergang und unterhielten uns. Wir nahmen uns vor, am Dienstag zur Massage in Jiaozou zu gehen, wo Harry, Christian und die beiden Engländer beim letzten Mal waren. Nach dem dehnen hantierte ich mit meinem Schwert rum und gesellte mich dazu zu Christopher der an seiner Stockform feilte (nach der unendlichen Schmach heute). Im Anschluss spielte ich noch mit Jin Da Bao ein bisschen Metzeln (er schnetzelte alles mit meinem Schwert nieder, dass sogar schießen kann ;-)). Sehr lustig der Kleine. Immerzu spielt er mit Waffen. Dann war das Training zu Ende und wir hörten unseren Shifu vom Eingang der Schule rufen. Wir grüßten ab und sollten uns davor noch bei einigen der Kinder mit Umarmung verabschieden, da Sie morgen die Schule verlassen. Einige Kinder meint hier ca. 5 oder 6. Der Rest (ursprünglich waren es nur 2, die länger bleiben wollten), also etwa 10, bleiben jetzt doch für 1 Jahr. Verrückt!

Wir nahmen die Kinder in den Arm (bzw. Sie uns, denn Sie nutzen die Chance und sprangen uns an wie die Hunde) und sagten „Good Bye“. Schon ein bisschen traurig. Wir waren keine 5 Minuten auf dem Zimmer und schon klopfte es wieder. Einer der Kleinen stand vor der Tür und wollte hinein. Wir ließen ihn rein, aber wussten nicht, ob es eines der Kinder war, die Morgen abreisen oder eines das für 1 Jahr hier bleibt. Es faselte wieder irgendwas auf Chinesisch, dass wir nicht verstanden und dann guckten wir zusammen mit dem Kind „Avatar“, den sich Christopher von Harry ausgeliehen hat. Während ich duschte und mich Bettfertig machte und meinen Tagesbericht schrieb, schlief der Kleine in Christophers Bett ein. Gegen 22 Uhr entschlossen wir ihn dann aber zu wecken. Tja… Fehlanzeige. Der Kleine schlief wie ein Stein. Alles rütteln und schütteln half nichts und so entschlossen wir ihn rauszutragen. Wir überlegten noch, wie das wohl aussehen mag, wenn wir mitten in der Nacht ein Kind auf dem Armen durch die Halle schleppen würden. Zunächst versuchte Christopher sich. Beim Heben hat er sich jedoch überschätzt und er war ihn zu schwer. Nach kurzem rätseln, was man denn noch machen konnte, entschied ich ihn zu tragen und hievte ihn auf meine Arme. Also soo schwer war er jetzt nicht. Vermute so um die 20 bis 25 KG. Als ich gerade aus der Tür hinaus ging, wachte er langsam auf und war total benommen. Auf halben Weg zur Treppe meinte er dann nur noch „Ok, Ok, ok…“ und ich ließ ihn runter. In dem Moment kam Yan Lin die Treppe hoch und schaute ganz komisch rüber. Ich ging so als ob nichts wär zurück ins Zimmer und sah noch, dass Yan Lin den Mini etwas fragte. Vermutlich sowas wie „Warum bist du noch nicht im Bett?“. Christopher und ich kamen aus dem lachen nicht mehr raus und mussten erst einmal tief durchatmen. Warum muss das immer uns passieren. Jedenfalls schrieb ich denn in Ruhe meinen Bericht zu Ende und ging schlafen. Wie gesagt steht morgen die große Performance an. Bin ja mal gespannt.


Info:
Samstag, 14.08.2010
Erstellt:
14. August 2010
Kategorien:
China
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