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Chinablog

- Meine Reise nach China -

Sonntag, 01.08.2010

Ich wache auf, bin eigentlich recht gut erholt, aber dabei verdammt Müde und will eigentlich lieber weiterschlafen. Aber es heißt ja auch „No pain, no gain“ und somit stand ich auf und zog meine Trainingsklamotten an. Christopher hatte kein Bock und ging nur mit zum Meeting. Nach ein paar Kniebeugen war laufen mit den Kindern angesagt. Nach einer halben Runde, konnte Max nicht mehr weiterlaufen, da sein Sprunggelenk schmerzte. Ich lief einfach weiter und nach einer weiteren Runde konnten die Kinder nicht mehr mithalten und waren weit und breit nicht mehr zu sehen. Als ich an meinen Shifu vorbei lief, fragte er nur „Chinese Students?“ und als ich dann mit den Schultern zuckte, lachte er nur. Nach ein paar weiteren Runden sollte ich dann zu den Platten gehen und mich stretchen. Nach kurzer Zeit des Dehnens, rief mich mein Shifu zu sich und wir gingen die Stellungen durch. Max dehnte sich stattdessen die ganze Zeit auf der Tischtennisplatte. Es folgten Faustschläge und die Form. Streng prüfte Xie Tung die Formen der Kinder und bestrafte wieder, wenn ihm was nicht passte. Irgendwann war es dann aber auch gut mit der Form und wir konnten unsere Sticks holen und damit trainieren. Während ich die Stickform lief, kackte ein Kleinkind mitten auf die Straße. Das war so appetitlich, dass ich mich mit dem Kotzen echt zurückhalten musste. Der Kot war übrigens GELB. Also so richtig gelb. So gelb wie Orangensaft. Der Vater hockte die ganze Zeit daneben und beobachtete das Geschehen. Wie gesagt… mitten auf der Straße, wie Busse fuhren, wir trainierten und Touristen herliefen. Wenn sie schon ihr Geschäft verrichten müssen, können Sie es dann nicht in einer Ecke machen? Scheinbar ist das hier in China Gang und gebe, denn es schien keinem außer mir zu stören. Die Mutter kam anschließend mit einem Ziegelstein und zerstampfte ihn auf den Haufen. Wenn ich überlege, dass ich auf dem Boden Liegestützen und so machen muss, widert es mich an. Mein Shifu zeigte mir dann noch das komplette Ende der Stickform (6 Bewegungen) und dann doch nur noch 3, da es wohl ein wenig zu viel auf einmal war. Beim Vormittagstraining wollte er mir dann die restlichen 3 nochmal genauer zeigen. Nach einigen Üben, klappten die neuen Bewegungen ohne Probleme und waren schon fast wieder langweilig. Dann war das Training wieder zu Ende und ich ging hoch aufs Zimmer. Christopher zockte natürlich wieder. Die Kopfschmerzen die er hat, kommen definitiv vom ganzen Zocken, denn so viel wie er in letzter zeit spielt, ist schon nicht mehr normal. Dazu die krumme Haltung und tada: die Kopfschmerzen sind da. Ich duschte mich kurz ab (heute war es draußen DEUTLICH kühler als gestern) und ging zum Frühstück. Frühstück soweit wie gehabt, nur dass sich Max auch mal wieder hat blicken lassen. Sonst sieht man ihn nämlich nie beim Frühstück. Nach einer kurzen Pause ging es für mich weiter mit Training. Christopher schwänzte immer noch und Max konnte auch noch nicht weitertrainieren. Also war ich heute mal ganz alleine mit unserem Shifu. Nach dem Vorlesen des Spruchs (heute mal sehr kurz: „No Problem“ und dazu das chinesische Äquivalent) sollte ich dann mit dem Pan-Shifu (ehemals Shaolin-Shifu) und seiner Gruppe runter zur Halle und solange bei ihm das Training mitmachen, bis mein Shifu nachkommen wollte. Nach ein paar Runden laufen und selbstständigem dehnen hieß es dann nochmal dehnen. Aber auch wieder selbstständig, nur das der Shifu hin und wieder Kommando gab, eine neue Dehnposition einzunehmen. Als er sich dann in der „Wippe“, bei der man auf dem Boden sitzt und die Fußsohlen sich berühren, auf meine Beine stellte sagte er nur noch „Beautiful“, da das ja meine Spezialität ist beim Dehnen. Dann sollte ich anders weiterdehnen (Beine ausstrecken und greifen). Dann sagte er „Legs open“, also Beine öffnen und in die Grätsche. Dann war das Dehnen beendet und wir gingen die Kicks in Zweierreihe durch (bei 5 Leuten irgendwie unnötig). Ich gab mir Mühe, da kurz darauf mein Shifu auftauchte und gespannt zuschaute. Da die anderen Leute aus der Gruppe des Pan-Shifus alle noch recht neu oder einfach schlecht sind, war es nicht schwer der Gruppenbeste zu sein. Das fiel meinem Shifu auf und er zeigte mir immerzu den Daumen nach oben. Trotzdem war es intensiver als zunächst gedacht, da eine Zweierreihe zur Folge hat, dass man schneller durch ist und dementsprechend kürzere Pausen zwischen den Übungen hat. In der Pause unterhielt ich mich mit Peter (?), dem neuen Jungen (14) und erfuhr, dass er seit 7 Jahre Karate macht. Wir tauschten uns ein bisschen auf und dann war die Pause auch schon vorbei. Training bei meinem Shifu stand wieder an. Warm laufen, Dehnen und dann sollte ich nach draußen vor die Halle kommen. Dort zeigte mir mein Shifu nach dem ich die Basics durchgegangen bin die letzten 3 Bewegungen der Stockform. Ich muss dazu sagen, dass die letzten 3 die wohl seit langem schwierigsten für mich waren. Trotzdem konnte ich die Bewegungen nach ein paar Mal zeigen lassen und wiederholen ohne Probleme ausführen. Form ist damit beendet. Ein neuer Shifu (glaub ich zumindest), der schon seit ein paar Tagen hier rumlungert und zuschaut, zeigte mir noch seine Stickform, die er durchraste wie ein Bekloppter. Schnell war Sie ja, aber nicht sehr schön. Ich unterhielt mich noch mit meinen Shifu, der mich auf die Vorführung am 15. August hinwies und fragte mich, wann ich denn abreise und vor allem, wann ich denn wiederkomm. Ich sagte einfach mal in 2 Jahren, aber dabei weiß ich noch gar nicht wann ich das nächste Mal die Gelegenheit dazu habe (bzw. das Geld). Er meinte jedenfalls, dass er dann hier sein wird und sich freut, wenn er mich wiedersieht. Ich könnte mir aber schon vorstellen wiederzukommen. Dann aber wahrscheinlich für kürzer. Dann war die Einheit beendet und wir gingen hoch. Und zwar in einer Reihe… HAHAHA. Ich war schließlich allein. Wie vermutet, zockte Christopher immer noch. Ich duschte erneut, brachte den Müll raus und rasierte mir die Haare mit Christophers neuen Haartrimmer nach (bzw. ab). Klappte ganz gut, wird mir wahrscheinlich auch einen kaufen bevor ich abreise. Ist schließlich billiger als in Deutschland. Dann war Essenszeit. Wie immer gab es Reis. Heute aber mal wieder nicht genug und so gab es als Nachschub die Dampfbrötchen. Dazu kaufte ich mir einen Eistee und gewann einen weiteren. Ich brachte nach dem Essen mein Zeug hoch, und ging wieder runter um einen neuen Wasserkanister zu kaufen. Im Flur kam mir Max entgegen… und das Psychokind, dass Max versuchte in die Eier zu greifen und er darauf hin seine Ketchup-Flasche fallen lies. Natürlich ging Sie dabei kaputt. Das Psychokind lief einfach weiter als sei nichts gewesen. Max war sauer und schon bald standen ein Haufen Shifus und anderes Personal im Flur. Der Junge bekam später wieder Anschiss und vielleicht noch mehr, wie ich auf dem Rückweg zum Zimmer bemerkte. Ich machte mir noch eine Suppe und schreib den ersten Teil meines Tagesberichtes, bevor ich mich dann endlich für das nächste Training ausruhen konnte. Christopher zockte weiter, anstatt wie vorgenommen zu schlafen. Mit der Klingel wurde ich aus meinen Träumen gerissen und machte mich schnell bereits für das Training, da ich irgendwie länger als geplant geschlafen habe. Christopher pausierte. Ich gab ihn noch eine Aspirin und dann ging es los. Max machte wieder mit und mit den Kindern gingen wir zusammen runter zur Halle. Nach dem Aufwärmvorgang in der Halle dehnten wir uns zunächst an der Stange und dann noch mal auf dem Teppich. In Partnerarbeit halfen wir ein wenig beim Dehnen nach und dann machten wir von allem etwas. Sprich Ma-Bu/Gum-Bu, Form, Faustschläge, usw. Der ältere, dicke Chinese, der in letzter Zeit immer mit in der Halle ist und für sich trainiert, spielte wieder mit seinen Nunchacko rum. Das Ding war aus Metall und es klimperte die ganze Zeit lang was mir und Max ganz schön auf die Nerven ging. Dann holte er sich noch ein zweites dazu und das Drama war perfekt. Von nun an nenn ich ihn den Rasselmann. Beim Formenlauf war es ganz schön eng, da wir mit den Kindern in einer Doppelreihe standen und nur den halben Teppich zur Verfügung hatten. Ende vom Lied war, dass ich ständig den Metallpfosten ausweichen musste, während ich meine Form lief. Auch durfte ich dabei Stufen steigen und aufpassen, dass ich das Kind neben mir nicht um trat. Als wir dann mit unseren Stöckern begannen, sah auch unser Shifu ein, dass es zu eng war und schickte uns beide (Max + Ich) nach draußen. Dort war genug Platz und es wehte ein kühler Wind. Sehr angenehm. Trotzdem war es nicht so kühl wie heute Vormittag. Ich lief 2x meine Stockform vor Max und dann das es schon soweit: Class Over-Zeit. Mit dem Sanda-Team gingen wir wieder hoch. Ich „unterhielt“ mich noch ein bisschen mit dem Sanda-Shifu und ich erfuhr, dass wir offenbar der selben Meinung sind, dass es heute Nachmittag wieder zu heiß ist. Außerdem weiß der Sanda-Shifu nun, dass ich nur ein wenig Müde bin. Die Gespräche mit den Shifus fallen immer besonders lustig aus, da man oft an einander vorbeiredet. Ist aber auch immer wieder witzig, wie Sie sich die Mühe machen ein verständliches Englisch zu sprechen. Ich glaub der Sanda-Shifu mag mich. Wenn es eine Shifu-Reihenfolge geben würde, käme der Sanda-Shifu bei mir auf Platz 2. Gleich nach meinem Shifu aber noch vor dem Pan-Shifu. Der ist auch ganz cool. Nur Yuen kann ich nicht leiden. Der Tai Chi-Shifu ist zwar nett und ganz cool drauf, aber das war es dann auch. Mit den anderen (Neben-)Shifus hab ich praktisch nichts zu tun. Da wären die beiden Tiger-Shifus, der Boygroup-Shifu, der Aushilfs-Shifu, der neue seltsame Shifu, ein halbwegs neuer Kindertraining-Shifu und alle die ich eventuell vergessen hab. Der Aushilfs-Shifu scheint auch ganz gut drauf zu sein und der Boygroup-Shifu ist einfach witzig anzusehen. Nach dem Training, drohte uns der Sanda-Shifu wieder Laufen an, wen wir nicht zum Chinesischunterricht gehen. Auf dem Zimmer wollte ich duschen, doch kam viel zu wenig Wasser aus dem Kran. Ich ging runter und sagte unsern Shifus Vater Bescheid, der aber irgendwie kein Bock hatte und seine Frau losschickte. Dann nahm ich eine Dusche und aß eine Kleinigkeit. Der permanente Hunger hier bringt mich noch mal ins Grab. Seit ich hier bin, habe ich einfach immer Hunger und immer gibt es nix vernünftiges zum Essen. Schrecklich. Den Rest der Zeit, nutzte ich, indem ich mein Tagesbericht erweiterte. Jetzt ratet mal womit Christopher beschäftigt war…? Chinesisch stand somit für uns beide nicht an. Der Sanda-Shifu kam wieder nicht gucken und somit mussten wir auch nicht laufen. Beim Abendessen langte ich ordentlich zu und verschluckte mich immer fast an den trockenen Dampfbrötchen. Hasse das, wenn man Hunger hat, aber nicht schnell essen kann, weil man sonst erstickt. Nach dem Essen war wieder etwas Zeit für Pause. Danach ging es dann weiter… allerdings ausnahmsweise nicht mit Training, sondern mit Film gucken. Draußen vor der Schule wurde ein Fernseher mit DVD-Player aufgestellt und alle Ausländer und Kinder mussten sich davor hocken und den Film gucken. Der Film war eine Shaolin-Show und sehr lang. Viel interessanter fand ich allerdings die kurzen Ausschnitte die davor gezeigt wurden. Es waren Ausschnitte aus dem Schulvideo, das von dem Kamerateam vor ein paar Wochen gedreht wurde. Ich würde sogar Geld bezahlen, eine Kopie des Videos zu bekommen 😉

Während wir da im Dunkeln hockten und den Film guckten, wurde die Sache langsam lustig, da das Psychokind in unserer Nähe „saß“. Da es nie still sitzen kann, kam es natürlich wieder zu seinem „Papa“; nämlich Christopher, der schon mit den Augen rollte. Das Kind wurde er nicht mehr los und es grapschte ihn ständig an und sagte dabei ständig „Papa“ und so etwas in Richtung „I am your Baby“. Ich kam aus dem kichern nicht mehr raus. Als Christopher dann aufgab sich dagegen zu wehren, ging es erst richtig los. Es legte seinen Kopf in Christophers Schoss und fing irgendwann dann an Ihn abzuknutschen. Sehr zu seinem Bedauern, denn erst war er nur schockiert und dann wurde es nervig. Christopher zeigte deswegen auf Max und sagte zum Psychokind „Mama“. Dann kroch es zu Max, der sichtlich genervt war. Er versuchte auch ich abzuknutschen und nach einigen Versuchen gelang es ihm auch und es erwischte Max am Arm. Dann irgendwann kroch es zu mir und als ich es am wenigsten Erwartete, überfiel es mich und knutschte mich im Nacken ab. W-I-D-E-R-L-I-C-H. Es war so dreckig und roch dazu auch noch streng, da es den ganzen Tag im Dreck liegt. Die ganze restliche Zeit wechselte das Kind immer zu zwischen Christopher, Max und mir, bis Max irgendwann im Dunkeln verschwand. Immer wieder griffen sich die älteren Kinder aus unserer Gruppe das seltsame Kind und hielten es fest. Christopher fütterte es noch mit Kaugummi, dass es tatsächlich aufaß und nicht nur kaute. Wenn mich das Kind nicht gerade belagerte (Christopher hatte nicht so viel Glück), unterhielt ich mich mit den Chinesen aus der Gruppe in Chinglisch (Englisch-Chinesisch). Viel ist nicht dabei rumgekommen, außer dass ich auf Fragen wie „What is your name?“ oder „Where are your from?“ oder „How old?“ bzw. die Kurzform „Age?“ geantwortet habe. Im Gegenzug hab ich auch erfahren, wie einige der Kinder heißen und wie alt sie so sind. Bei einigen war ich echt überrascht, da ich Sie jünger oder älter eingeschätzt hätte. Ein Mädchen hieß mit englischen Namen Louis  (den chinesischen konnte ich mir nur schlecht merken), welches 12 Jahre alt war. Ich hätte es älter eingeschätzt. Sie hat einen kleinen Bruder der 6 ist (der saß neben mir und fragte mich auch nach meinen Namen… und das etwa 5 Mal…). Ein anderes Mädchen ist 16 und heißt Yang Ui (oder so). Das Mädchen „zwang“ mir noch eine Freundschaft auf (mit Hände schütteln und so), als es fragte, ob Christopher und ich Freunde sind. Ich bejahte die Frage einfach mal und dann wollte Sie auch mit mir befreundet sein. So geht das in China also. Gegen Ende des Films griff das Psychokind spontan Christopher in die Kronjuwelen, was bei mir ein großes Gelächter auslöste. Der Film ging jedenfalls bis 21:15 Uhr und damit war dann auch eigentlich Schlafenszeit. Wir grüßten mit den Kindern ab und gingen auf unsere Zimmer. Ich wusch mir zunächst die Stellen ab, die das Psychokind berührt hatte und sah dann auf Christophers Rücken ein großes Insekt hocken. Ich sagte leise zu ihm, er soll langsam seinen Rücken zu mir bewegen, damit ich das Biest mit meinen Schuh töten konnte. Christopher brach langsam in Panik aus, befolgte aber meine Befehle. Nach einem Schlag mit dem Schuh auf seinem Rücken meinte ich nur, dass es immer noch da sei und dann rannte er hysterisch durch das ganze Zimmer und schrie dann irgendwann „Hit me, hit me!!!“. Ich tat ihm den Gefallen und schlug noch 2 weitere Male zu, bis ich bemerkte, dass es kein Käfer, sondern bloß Kaugummi war. Erleichtert, nahm sich Christopher das Kaugummi ab und atmete tief durch. Er meinte dann zu mir, dass er dachte, ich hätte eine Spinne auf seinen Rücken gesehen. Noch nie hab ich jemanden so panisch durch den Raum rennen sehen wegen eines möglichen Käfers auf dem Rücken. Ich fand es witzig und musste wieder lachen. Christopher war dann so erleichtert, dass es keine Spinne war, dass er auch nicht anders konnte und mit lachte. Ich schrieb dann meinen Tagesbericht zu Ende und ging schlafen. War ja ein lustiger Abend.


Info:
Sonntag, 01.08.2010
Erstellt:
1. August 2010
Kategorien:
China
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