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Chinablog

- Meine Reise nach China -

Montag, 16.08.2010

Nach nur 5 ½ Stunden Schlafenszeit klingelte mich die Schulglocke wach. Schnell gingen wir zum Meeting und ich war ein wenig überrascht, denn es war ganz schön leer geworden. Neben uns drei waren noch 2 Kinder dabei. Ein anderer Kindershifu hatte fast seine ganze Gruppe behalten. Wir machten uns warm und gingen dann alle zusammen zum Berg, den es hoch zu rennen galt. Das hatte ich ganz vergessen… Zudem war die Luft heute sehr kühl. Ich fror beinahe schon. Unser Shifu trug sogar einen Pullover. Wir rannten den Berg hoch und ich hab Vollgas. Oben angekommen, tat mir dann aber mein Hals weh von der ganzen kalten Luft die ich eingeatmet hatte. Es fühlte sich an, als ob meine Luftröhre angeschwollen war. Es schmerzte die ganze Zeit, aber als ich wieder mit den beiden Kindern aus unserer Gruppe unten ankam, war es wieder besser. Nach 20 Kniebeugen und 20x Rumanda gingen wir zur Schule zurück und trainierten Ma-Bu / Gum-Bu in allen Variationen. Unser Shifu war nicht wie sonst so aggressiv drauf. Selbst mit den verliebenden zwei Kindern ging er freundlich um. Sie waren nun Bestandteil unserer Gruppe und bekamen kein gesondertes Training mehr. Wir ergänzten Ma-Bu und Gum-Bu um eine mir neue Technik wobei man in den Pu-Bu geht. Dann war das Training beendet und wir gingen zum Frühstück. Ben und Niko(teilen sich seit über 5 Monaten ein Zimmer) saßen mit am Tisch. Ben verlässt die Schule in 2 Tagen und ist froh, dass er Niko dann endlich los ist. Er wird nämlich schnell nervig und rafft so einiges nicht auf Anhieb. Nach dem Frühstück aß ich noch ein Wassereis (die Verpackung ist wirklich gut, denn man isst es wie aus einer Tube Zahnpasta. Cooles Gefühl; fast wie Slusheis) und Christopher 3. Christopher ist echt süchtig nach dem Zeug. Unser Shifu bemängelte das gestern Abend auch und hat ihn eigentlich verboten das zu essen, weil er meint, dass das der Grund für seine vielen Stuhlgänge sind. Deswegen musste ich es vorbei an unseren Shifu ins Zimmer schmuggeln. Ich stutzte mir dann den inzwischen recht langen Bart auf 6mm und war damit bereit für das Fotoshooting heute Nachmittag. Dann begann das (freie) Training. Ich tapte mir wieder die Finger und die Wunde zu und schnappte mir mein Jian (Schwert). Unser Shifu zeigte mir dann nochmal gründlich die Basics, die ich üben sollte. Christopher zeigte er neue Bewegungen der Stockform und Max durfte ebenfalls die Basics mit dem Säbel üben. Ein Basicmove war der Stich, bei dem die Klinge einen Knall in der Luft erzeugen soll. Die Details, wie die Stellung, die Position der zweiten Hand und das zurückziehen der Klinge waren wichtig und wurden genau kontrolliert. Auch den Wirbel übte ich. Mir fiel dann dank Max auf, dass ich einen anderen Wirbel machte, als unser Shifu. Ich haute nämlich noch eine weitere Umdrehung hinein. Das ist schneller, sieht aber nicht perfekt flüssig aus. Ich eignete mir darum den flüssigen Wirbel an und war froh, nun beide zu können. Nach 1 ½ Stunden war das Training zu Ende und wir gingen aus Zimmer. Unser Shifu besuchte uns wieder und wir zeigten ihn die Fotos, wo Christopher und ich in den Yuntai-Bergen waren. Zudem fragte er nach einer Kopie der Bilder von gestern, die wir ihn natürlich überließen. Dann war Buddha-Class und wir mussten quasi hin, da unser Shifu uns dazu aufgefordert hatte. Als wir uns aufstellten, sahen wir aber nirgendwo Max. Die Französin wurde von Yuen herbeigerufen und Sie meinte dann, dass Sie nicht zur Buddha-Class geht. Christopher und ich vermuteten dasselbe: Max ist bestimmt bei der Französin im Zimmer. Wenn das unser Shifu erfährt… Max Bu Hao. Wir zogen die Buddha-Class durch und ich fing anschließend meinen Tagesbericht an. Bei der Buddha-Class war heute nicht viel los. Gut so, denn so war eher Ende, weil sich nicht so viele Verbeugen mussten. Christopher lieh sich „Der Herr der Ringe“ von Harry aus und wir legten los mit Teil 1. Ich schlief dabei wieder ein und wachte gegen halb. Um 3 machten wir uns dann fertig und zogen unsere orangene Mönchskleidung an. Christopher kaufte sich noch ein neues Paar Schuhe von Feivue und mit 15 Minuten Verspätung war er dann so weit angezogen. Max kam noch kurz vorbei und fragte, ob wir und schon umziehen. Als ich die Tür öffnete, hatte ich mich bereits passend umgezogen und das beantwortete seine Frage. Als alle anderen schon zur Trainingshalle aufgebrochen sind, konnten wir uns endlich raus wagen und kassierten nicht so viele seltsame Blicke. Nur ein paar Chinesen in der Eingangshalle sahen uns. Unser Shifu schickte eines der Kinder los um seine Kleidung aus dem Zimmer zu holen. Dann gingen wir mit 2 Kindern, dem Bad-Boy-Shifu, der die ganze Zeit grinste unserem Shifu sowie 2 Chinesinnen zur Bushaltestelle. Wenige Minuten später, als wir auf den Bus warteten, kam ein Chinese von der Bushaltestelle gegenüber zu uns und wollte ein Foto mit uns machen. Christopher und ich, die als Mönche „verkleidet“ waren (Max hatte sich doch noch nicht umgezogen, sondern nur die Hose unter seiner Hose an und unser Shifu trug seine Tracht in einer Plastiktüte mit sich) mussten als für ein Foto mit dem Tourist herhalten. Dann kam auch schon der Bus und wir stiegen mit all unseren Waffen ein. Die Touristen gucken uns die ganze Zeit blöd an, aber das waren wir ja schon gewohnt. Einmal weil wir Ausländer waren und einmal weil wir aussahen wie Shaolin-Mönche. Auf der Busfahrt durch die Berge erzählte mir mein Shifu, dass die Frauen, die mitgekommen waren (sie saßen übrigens einfach bei uns in der Eingangshalle) hier sind, weil Sie Ausländer mögen. Klingt etwas skurril aber nun gut. Dann erzählte er uns noch, dass er nicht schwimmen kann. Ha! Ich wusste es! Meine Vermutung, dass der Großteil der Chinesen nicht schwimmen kann, hat sich somit bestätigt. Denn der Pan-Shifu kann auch nicht schwimmen. Wir stiegen an einer Bushaltestellte mitten auf der Strecke zum Eingangsbereich des Parks aus und liefen an einem Fluss entlang. Wir kletterten darauf eine Felswand hinunter und machten vor einer Schlucht mit dem Fluss im Hintergrund Fotos in verschiedenen Posen. Max und unser Shifu zogen sich um dazu um, während der Bad-Boy-Shifu die Fotos schoss. Die Chinesinnen blieben mit den Kindern oben und beobachteten das geschehen. Die steile Felswand runter und wieder rauf zu klettern, wäre ihnen nicht zumutbar gewesen. Zumal trugen Sie auch kurze Röcke, was die ganze Sache in gewisser Weise erschwerte. Nach einiger Zeit kamen Touristen zu den Chinesinnen und Kindern dazu und schauten neugierig wie wir für die Fotos posten. Nach einigen Fotos und zwischendurch ein paar Klettereinlagen auf andere Felsen, ging es dann weiter zum nächsten Ort um weitere Fotos zu machen. Wir fanden ein neues Örtchen an einem Fluss mit vielen dicken Felsen im Wasser auf die es zu klettern galt. Man musste dazu etwa 2 bis 3 Meter tief Springen, was ein wenig Überwindung kostete. Der Bad-Boy-Shifu sprang aber einfach runter, als ob es gerade mal ein paar Zentimeter wären. Es folgte unser Shifu und Max. Dann dachte ich mir, dass kannst du auch und sprang. Nur Christopher war noch etwas unsicher und brauchte ein wenig länger. Wir krakelten auf die Felsen und posten nacheinander bzw. zusammen mit unserem Shifu oder dem Bad-Boy-Shifu. Sehr geil. Etwas später schafften es auch die Kinder und sogar die Chinesinnen hinunter (fragt mich nicht wie), die dann das Fotoschießen übernahmen. Als wir gerade alle am posen waren, überlies ich meine Kamera den Bad-Boy-Shifu der die Fotos schoss. Danach legte er Sie auf dem felsigen Boden und spielte mit seinem Handy herum. Die Kinder sprangen neugierig zu ihm um auf sein Handydisplay zu schauen. Eines der beiden Kinder stieß dabei versehentlich meine Kamera um, die auf einen Felsen fiel und anschließend ins 1-Meter tiefe Wasser fiel… 🙁

Mein Gedanke, als ich die Kamera fallen sah, war: Ich hoffe nicht, dass es meine Kamera war? … Leider erkannte ich sehr schnell, dass es meine war und mir blieb erst mal die Sprache weg. Mit der Kinnlade unten und großen Augen auf das Wasser gerichtet, war erst mal Funkstille. Mein Shifu meinte nur „Bu hao“. Ja, das trifft es wohl. Er schimpfte danach kurz mit dem Kind und dann wurde erst mal überlegt was gemacht werden sollte. Meine SD-Karte schwamm oben auf dem Wasser, während mein Akku und die Kamera auf dem Grund lagen. Das Wasser war sehr klar und man sah Sie eindeutig auf dem Boden unter Wasser liegen. Mein Entsetzen war groß und ich war zu geschockt um etwas zu unternehmen. Ich wollte schreien und heulen und hinterher springen, doch ich tat nichts davon und saß nur auf dem Fels und schaute blöd. Christopher sah dann mein entsetztes Gesicht und entschloss die Kamera raus zu fischen. Es klappte allerdings nicht so einfach und der Bad-Boy-Shifu stützte sich im Spagat zwischen zwei Felsen um Sie zu erreichen. Dann sank die SD-Karte allerdings zu Boden und Christopher hatte sich gerade die Schuhe ausgezogen und stieg ins Wasser und fischte erfolgreich alle Teiler heraus. Bevor die Shifus die Kamera wieder anmachen konnten, schrie Max von oben, der gerade eine andere Kamera holte, um damit die Fotos zu machen „STOOOOOOOOOOOOP“, da sonst wahrscheinlich ein Kurzschluss entstanden wär und Sie völlig hinüber gewesen wär. Ich ließ Sie erst mal aus und verstaute Sie in der Tragetasche. Ich war ganz schön traurig. Ich probierte die SD-Karte in Christophers Kamera aus, der das Nachfolgermodell meiner Kamera besaß und die Bauart demnach sehr ähnlich ist. Alle Bilder waren noch da. Immerhin… Nichts desto trotz machten wir weiter. Das Kind entschuldigte sich auf seiner Weise, aber das machte die Kamera auch nicht wieder heile. Wir machten noch ein paar weitere Fotos, aber es war schwer wieder fröhlich zu gucken. Dann sprangen Christopher, Max und ich noch ins Wasser und „schwammen“ eine Runde. Das Wasser war nicht gerade tief und die Steine sehr glitschig. Zudem waren einige Insekten auf dem Wasser. Die Temperatur war OK. Es war zunächst sehr kalt aber dann ging es. Wir spritzen uns nämlich vorher mit dem kalten Wasser nass und dann war es eh egal. Die Kinder haben auch ordentlich was abbekommen. Sie spielten eine Etage höher auf einem kleinen Wasserfall und waren danach pitschnass und kamen zu uns ins Hüfthohe Wasser. Wir posten kurz auf einen Stein im Wasser und dann mussten wir wieder zurück zur Schule. Also wieder die Klamotten angezogen und zurück zur Bushaltestellte gegangen. Die Chinesinnen schossen die ganze Zeit Fotos mit Christophers Kamera, die ich mir übrigens morgen für das Internetcafé ausleihen muss, da ich ja nun keine mehr habe um meine Fotos und Artikel zu transportieren. Mein Shifu wollte morgen den Taxifahrer nach Jiaozou aber sagen, dass er mich bzw. uns jemanden fahren soll, der das für wenig Geld reparieren kann. Roland, der vor ein paar Wochen hier noch trainiert hat, hat sein Handy für ein paar Yuan reparieren lassen. Aber mit etwas Glück funktioniert es morgen auch so. Ich werde es erst mal über Nacht trocknen lassen und es morgen früh dann ausprobieren. Mit nassen Hosen fuhren wir mit dem Bus zurück zur Schule. Die Touristen in den Bussen staunten wieder nicht schlecht als Sie uns sahen. Irgendwie ganz lustig so angestarrt zu werden. Jeder, wirklich jeder im Bus schaute uns an. Total seltsames Gefühl. In der Schule angekommen, gingen wir auf unser Zimmer. Yuen, der mit Ben in der Eingangshalle sprach, klappte die Kinnlade hinunter als er uns in der Mönchskleidung sah. Yan Lin, der daneben stand, war unbeeindruckt. So als ob er es Tagtäglich sieht. Aber nun war es uns egal, was die anderen dachten. Vor allem mir… nach dem ganzen Desaster.  Trotzdem war es ein sehr lustiger Tag und unser Shifu hat mal wieder bewiesen wie cool er doch ist. Kein anderer Shifu würde das so ohne weiteres  mit seinen Schülern machen. Ich würde schon behaupten, dass uns nun etwas wie Freundschaft verbindet. Bin schon ganz traurig, wenn ich dran denke, dass ich bald hier weg muss. Beim Essen erzählten wir von unseren Erlebnissen und das tragische Schicksal meiner Kamera und gingen aufs Zimmer. Ich trauerte meiner Kamera nach und räumte vor lauter Verzweiflung das Zimmer auf. Dann war Meeting. Nach dem Meeting wusch ich meine Wäsche, da meine Mönchskleidung schon dreckig geworden war und sich ein erstaunlicher Haufen Wäsche angesammelt hatte. Ich zog dann noch die Fotos auf mein Netbook und schaute die Bilder durch. Christopher schaute währenddessen „Der Herr der Ringe“ weiter und legte dazu Teil 2 ein. Beim Meeting half ich einer Deutschen ein wenig beim Pandae-Dollyo-Chagi, die ihn gerade versucht zu lernen. Sie macht offenbar ebenfalls Taekwondo. Vielmehr habe ich aber nicht erfahren, da wir die ganze Zeit mit dem Kick beschäftigt waren und dann mein Shifu mich zu sich rief. Nach dem letzten Meeting holte ich meine Wäsche aus der Maschine und kaufte Christopher noch Eis. Er hat nämlich Eis-Verbot von unserem Shifu bekommen, weil er ja sonst eventuell wieder Bauchschmerzen bekommt. Deswegen muss ich das nun immer für ihn kaufen. Und Sein Eis-Konsum ist wirklich erstaunlich. Ich musste dazu an die Tür klopfen, da der Shop normalerweise geschlossen hat um diese Uhrzeit. Der Second-Headmaster,  bediente mich diesmal, anstatt Fiona (seine Freundin) oder die andere Frau. Er dachte zunächst, dass ich Geld wechselt wollte (man braucht Münzen für die Wäsche), da ich mit meiner Wäschetüte in der Hand rumrannte. Ich bemerkte auf dem Zimmer dann, dass ein paar Wäschestücke ein paar üble Flecken aufwiesen, die vorher definitiv nicht da waren. Auf manchen Kleidungsstücken ließen Sie sich einfach abreiben und auf anderen (wie z.B. meinen Trainingshosen) war rein gar nix zu machen. Ich sortierte die nicht ganz so saubere Kleidung raus und entscheid Sie nochmal per Hand zu waschen. Ich bereitete das Wäschefass mit Wasser vor und als es nicht mal halb voll war, stellten Sie wieder das Wasser ab. Grrrr. Ich mischte ein bisschen Handwaschmittel dazu und stopfte die 2 Hosen hinein und wollte dann bis Morgen warten. Denn ohne Wasser macht es irgendwie wenig Sinn das Zeug zu waschen. Christopher schaute noch Herr der Ringe weiter und ich fing an meinen Tagesbericht zu Ende zu schreiben. Max kam noch aufs Zimmer und wollte sich die Fotos abholen. Aber irgendwie klappte das nicht so ganz und wir entscheiden das morgen zu machen. Dann schrieb ich noch die restlichen Postkarten und war erst mal fertig für heute. Müde und ein bisschen traurig war es dann auch Zeit zum schlafen. Morgen werde ich vermutlich zunächst meine Kamera in die Reparatur bringen, dann mit Christopher zu Mc Donalds fahren und dann zur Massage und anschließend ins Internetcafé gehen. Meine Kamera habe ich übrigens in ein Tuch eingewickelt und mit Trockentütchen (kennt man vielleicht aus Schuhkartons) bestückt, so dass es morgen hoffentlich komplett ausgetrocknet ist.


Info:
Montag, 16.08.2010
Erstellt:
16. August 2010
Kategorien:
China
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